Monatliches Update Familienunternehmen-Aktien

Sehr geehrte Damen und Herren,

angesichts der Lage und dem großen menschlichen Leid in der Ukraine ist es dieser Tage mitunter schwer über Dinge wie die möglichen Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft und Finanzmärkte zu sprechen. Doch der Krieg ist aktuell leider eines der zentralen Themen und Risiken für Investoren. 

Die Gretchenfrage bleibt, ob der Konflikt zeitlich und vor allem regional begrenzt bleibt. Bleibt der Angriff begrenzt, dann sind, bei all dem furchtbaren Leid der Menschen vor Ort, mittel- und vor allem langfristig auch die Auswirkung auf Weltwirtschaft und westliche Finanzmärkte begrenzt. Die russische und ukrainische Wirtschaft machen nur um die 2% der Weltwirtschaft aus. Die Verunsicherung der Märkte resultiert vor allem aus der schwierigen Einschätzung von Putins weiteren Absichten sowie aus der Unsicherheit in Bezug auf die Auswirkungen von bisher im Umfang ungesehenen Sanktionen und Anti-Russischen-Momentum. Das wird unter anderem weitere Auswirkungen auf Rohstoffpreise (zum Beispiel Gas, Öl, Palladium, Aluminium, Stahl oder Nahrungsmittel wie Weizen und Mais), Zahlungsabwicklungen und damit Finanzmärkte und Banken haben. Immer mehr westliche Unternehmen verlassen dazu Russland und/oder kaufen keine russischen Produkte mehr – selbst ein Öl-Embargo wird immer lauter gefordert. Zudem wird das weitere Verhalten Chinas von den Märkten sehr genau beobachtet. Insgesamt stellt sich die Frage, des Ausmaßes einer weiteren Spaltung der Weltwirtschaft beziehungsweise des Ausmaßes von wirtschaftlichem Pragmatismus. 

Nehmen wir russisches Öl als Beispiel: Es macht ca. 10% der weltweiten Ölexporte aus – zwar ist es nicht von den Sanktionen direkt betroffen, aber viele westliche Händler und Raffinerien wollen es aktuell trotzdem nicht kaufen. Bei einem Preis von USD 150 pro Barrel Öl geht man von Wachstumseinbußen für die Welt von ca. 1,5% und von ca. 2% mehr Inflation aus. Vieles dieser nicht unberechtigten Angst ist aber wohl bereits in den Kursen enthalten. Märkte gehen dazu davon aus, dass Regierungen Konsumenten bei nachhaltig steigenden Energiepreisen subventionieren werden. Im Zusammenhang mit Öl- und auch Gaspreisen wird zudem die weitere Entwicklung der Förderung in den USA (die Anzahl von Ölbohrtürmen ist in den letzten Monaten, trotz hohem Preisanstieg, wesentlich weniger gestiegen als in früheren Zyklen) und inwiefern die Energiewende in Ländern wie Deutschland angepasst wird zu beobachten sein. Das wird etwas dauern, kann aber mittel- und langfristig zu erheblichen Verschiebungen am Energiemarkt führen. Es bewegt sich in diesem Bereich in Politik und Wirtschaft aktuell viel. Westliche Regierungen haben in der COVID-Krise die Fiskal-Schatullen geöffnet – auch auf europäischer Ebene. Zentralbanken haben nach Finanz- und COVID-Krise ein ungesehenes Arsenal an Instrumenten – dagegen stehen bereits hohe Inflation und Verschuldung.

Wir haben im CONREN – Generations Family Business Equity keine russischen Aktien. Zwar gibt es eine ganze Anzahl von russischen Unternehmen in unserem Anlageuniversum, aber auch aus ESG-Gründen und Risikomanagement-Überlegungen haben wir nicht in diese investiert. Die Umsätze unserer Portfoliounternehmen in Russland und der Ukraine sind ebenfalls begrenzt.

Putin trifft die Weltwirtschaft zu einem Zeitpunkt, in dem gerade neues Momentum im Post-Covid-Aufschwung zu erkennen war: die Covid-Einschränkungen werden merklich weniger, die Einkaufmanager-Stimmung steigt deutlich, genau wie Konsumentenausgaben oder Urlaubsbuchungen. Dazu war vielerorts eine Lockerung von Lieferkettenengpässen zu verzeichnen, die Arbeitsmarktzahlen entwickeln sich weiter positiv, viele Unternehmen haben hohe Barmittelbestände und so weiter. 

Putin trifft Finanzmärkte aber auch in einer Zeit, in der die Angebotsseite von Rohstoffen und Nahrungsmitteln bereits angespannt ist …und in einer Zeit, in der Märkte bereits mit der Unsicherheit von zwei Phasenwechsel (siehe letzten CONREN-Newsletter zu Familienunternehmen) kämpfen: Die Politikwende von Notenbanken und das in greifbare Nähe gerückte Ende der COVID-Einschränkungen (auch wenn in einigen Teilen der Welt die Lage und Aussichten nach wie vor angespannt sind; vor allem in China sind Covid-bedingte Lieferkettenproblem weiterhin möglich). Es gibt ein Lager von Ökonomen, das denkt, dass die Weltwirtschaft und Märkte, nun nach und nach zu einer Pre-COVID-Welt zurückkehrt. Ein anderes Lager, das denkt, dass die COVID-Pandemie Wirtschaft und Märkte strukturell für immer verändert hat. Wie immer wird die Wahrheit wohl in der Mitte liegen. Als Anleger müssen wir uns dieser Frage vor allem über die Einzeltitelauswahl nähern. 

Wir sehen vor diesem Hintergrund, dass viele Märkte in Teilen verzerrt bleiben und Bewertungen hier und da, teilweise im Positiven und teilweise im Negativen, mit einiger Vorsicht zu genießen sind. Gerade bei den nicht ganz großen Unternehmen sehen wir das. So werden sie oft überproportional abgestraft, um dann in einem oder wenigen Handelstagen mitunter extrem zu steigen. Das Marktsentiment ist in den letzten Wochen, vor allem nach Beginn des Krieges, merklich schlechter geworden. Die Schwankungen an den Finanzmärkten sind mitunter selbst innerhalb einzelner Handelstage extrem und nicht immer voll nachvollziehbar – vor allem heruntergebrochen auf die Bewegung einzelner Aktien.

Die Berichtsaison für das 4. Quartal 2021 inklusive entsprechendem Ausblick verlief für Europa insgesamt besser als von Markt erwartet: Bisher haben ca. 60% der Unternehmen die Markterwartungen übertroffen. Allerdings gab es auch die ein oder andere Enttäuschung. Schon leichte Verfehlungen bei Umsatz oder Margen beziehungsweise nicht genug Zuversicht in die Zukunft hat der Markt mitunter brutal und, aus unserer Sicht, oftmals überproportional hart abgestraft. 

Wie erwartet gewinnen Margenentwicklung und Bewertungsniveaus an Bedeutung. Der Margendruck nimmt aufgrund steigender Kosten merklich zu. Wir haben entsprechend schon vor einigen Monaten das Portfolio analysiert, um besser zu verstehen welche Portfoliounternehmen in Zeiten höhere Kosten die Möglichkeiten haben selber Preiserhöhungen durchzusetzen. Teilweise haben Portfoliounternehmen bereits ihre Preise erhöht und teilweise wurden Preiserhöhungen für die nächsten Monate angekündigt. Dazu gewinnen Kostenmanagement und die Priorisierung von Umsätzen mit höheren Margen weiter an Bedeutung. 

Wir sehen dazu Rekordauftragsbestände in einer ganzen Reihe von Portfoliounternehmen. Vielerorts kann das volle Umsatzpotenzial aktuell nicht voll ausgeschöpft werden. Bei einem Portfoliounternehmen im Automotive-Bereich waren es zum Beispiel 20% weniger als der Potentialumsatz aufgrund von Lieferengpässen – vor allem bei Halbleitern. Unser Portfoliounternehmen mit Hotels, vor allem in Europa und Amerika, (gekauft in einer der Höhen der COVID-Krise) erwartet diesen Sommer einen Rekordumsatz – die Nachfrage ist in den letzten Monaten in die Höhe geschossen. Auch im Gesundheitswesen kehrt vieles nun endlich (und hoffentlich endgültig) wieder zur Normalität zurück – es werden keine Operationen und Patiententermine mehr verschoben, Krankenhäuser müssen nicht große Teile ihrer Kraft auf COVID-19 konzentrieren. Die mitunter langen Wartelisten werden abgearbeitet. 

Außerhalb der Politik bleiben Inflation und schnell, viel höhere Zinsen die größte Gefahr für Märkte. Es bleibt für Aktien hierbei vor allem relevant, wie stark und vor allem wie abrupt Zinsen steigen. Hohes Wirtschaftswachstum bei nach und nach angemessen steigenden Zinsen, und mit Inflation unter Kontrolle, bleibt ein positives Szenario für ausgewählte Aktien. Europäische Aktien gelten beim aktuellen Bewertungslevel generell und gerade in diesem Szenario sowie vor allem bei einer Entspannung im Ukraine-Krieg als zu favorisieren.

In Zeiten von erhöhter Unsicherheit sollten wir uns als Anleger wieder zurück auf das Wesentliche konzentrieren: Unser Ziel für den CONREN – Generations Family Business Equity ist es über den gesamten Zyklus outzuperformen. Wir sehen diese langfristige Ausrichtung, wenn sie auch nicht immer ganz einfach durchzuhalten ist, gerade in Zeiten von Unsicherheit an den Märkten als einen großen Vorteil. Aus dieser langfristigen Ausrichtung und der angestrebten Interessenharmonie mit den Familienunternehmern/innen in den Zielunternehmen resultiert eine Konzentration auf typische Stärken von Familienunternehmen – wie zum Beispiel ein Fokus auf starke Bilanzen. Unsere Einzeltitelauswahl zielt dazu darauf ab, Unternehmen mit zukunftsfähigen Produktportfolien und einer starken Markpositionen herauszufiltern. 

Wir fühlen uns in dieser Marktphase mit der aktuellen Balance von Investmenthemen, von Wachstums- und Value-Werten sowie großen und mittelgroßen Unternehmen wohl. Wir haben unsere Positionierung über die letzten Monate angepasst und unter anderem Wachstumstitel für Value-Titel getauscht sowie IT-Titel abgebaut. In der aktuellen Positionierung halten wir ca. 62% zyklische Werte, ca. 11% IT-Werte und ca. 13% Small Caps. Die durchschnittliche Marktkapitalisierung im Portfolio beträgt Euro 35 Mrd. 

So bleiben wir, trotz der aktuellen Risiken und den größeren Schwankungen an den Märkten, vor allem langfristig, weiterhin sehr positiv was die weitere Entwicklung von ausgewählten Aktien europäischer Familienunternehmen angeht. Wir versuchen weiter Chancen und Risiken vor allem auf Ebene der Einzeltitelauswahl und der Portfoliokonstruktion zu managen – die langfristige Ausrichtung bleibt hierbei zentrale Vorgabe und Stärke.
Wir stehen Ihnen bei Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschlägen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen


Andreas Lesniewicz
Fondsmanager
CONREN – Generations
Family Business Equity Fonds