Monatliches Update Familienunternehmen-Aktien

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Juli war für Aktien im Allgemeinen und für unseren CONREN – Generations Family Business Equity Fonds im Speziellen ein sehr erfreulicher und erfolgreicher Monat. Nach dem schwierigen ersten Halbjahr für fast alle Asset-Klassen, und vor allem natürlich für Aktien, brachte der Juli einen starken Rebound. Im Juli hat sich gezeigt, wie schnell bestimmte Aktienkurse im aktuellen Marktumfeld nach oben drehen, wenn sich die Stimmung auch nur ein wenig aufhält. Noch ungefähr die Hälfte der Aktien im Portfolio des CONREN – Generations Family Business Equity ist in diesem Jahr (bis Ende Juli) über 20% im Minus. Auch das zeigt, wie stark bestimmte Aktien abgestraft worden sind.

Europäische Aktienkurse bleiben im Vergleich zu ihren amerikanischen Pendants weiter gedrückt: So stehen Mid-Caps in Europa 2022 bis Ende Juli bei einer Performance von ca. -15% versus -5% in den USA (im Juli ca. +9% versus +12,5%) und Small-Caps bei ca. -16% in Europa versus -2% in den USA (im Juli ca. +10,0% versus +13,5%). Gründe hierfür sind unter anderem: Der Krieg in der Ukraine, die Gasabhängigkeit von Russland, der größere Indexanteil von zyklischen und exportabhängigen Aktien. Das schlägt sich auch in den Bewertungen nieder. Diese sind im Vergleich zu den USA und auch zu historischen Mittelwerten günstig: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (vergangene 12 Monate) steht in Europa bei 13,0 – versus USA 19,8 und historischen Mittelwerten von 15,5. Beim Kurs-Gewinn-Verhältnis (nächste 12 Monate) stehen europäische Aktien bei 12,0 (versus USA 16,9 / historischer Mittelwert 13,8) und beim Kurs-Buchwert bei 1,4 (versus USA 3,8 / historischer Mittelwert 1,8). (Quelle: ECR Research, Reuters Refinitiv 28. Juli 2022.)

In Bezug auf die Bewertungsprämien von Familienunternehmen in Europa sehen wir ebenfalls auch im Juli noch keine große Erholung: Der Verfall der Qualitätsprämie hat sich im Juli nicht fortgesetzt. Die Prämie konnte leicht zurückkommen und verharrt damit nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau – Das war das letzte Mal in der COVID-Panik im ersten Quartal 2020 der Fall. Insgesamt sehen Aktien europäischer Familienunternehmen damit weiter nicht teuer aus, wenn wir nicht von einer großen Rezession und einer langfristigen sowie starken Margenkompression ausgehen. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) des CONREN-Familienunternehmens-Universums Europa* liegen weiter unter dem Niveau des 1. Quartals 2020 (dem Quartal der COVID-Aktienmarktpanik) und deutlich unter dem Vor-COVID-Niveau. Dazu liegt das 12-Monats-Forward-KGV über dem aktuellen 12-Monats-Trailing-KGV. Der Markt preist somit eine negative Gewinndynamik für das nächste Jahr ein. Mehr dazu im CONREN-Blog „Update: Niedrige Bewertungen von Aktien europäischer Familienunternehmen“.
(* Das CONREN Family Business Universe Europe umfasst die Aktien von börsennotierten Familienunternehmen in Europa mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Millionen. Die Studie finden Sie hier.)

Vielerorts wird bereits das Ende des Bärenmarktes und damit der Start eines neuen Bullenmarktes ausgerufen. Das finden wir etwas verfrüht. Es gibt zwar gewisse Datenpunkte, die berechtigte Hoffnung machen. Da gibt es keine Zweifel. Auf der anderen Seite sehen wir eine ganze Reihe von Risiken: politische Risiken, wie den Krieg in der Ukraine, die Unsicherheiten in Italien und damit für die Eurozone oder eben die politische Lage in China. Dazu kommen die bekannten ökonomischen Risiken, wie eine nun schon über einen ganzen Zeitraum steigende Inflation (nicht mehr nur bei Energie, Nahrung, Inputpreisen), und damit die Gefahr weiter steigender Zinsen, Unsicherheit in Bezug auf das weitere Konsumenten- und Investitionsverhalten, weitere Lieferengpässe und so weiter. Auch COVID ist keinesfalls besiegt. Insbesondere in China wirkt es sich weiter erheblich auf die Wirtschaft aus. Gleichzeitig hat das Land mit einer großen und potenziell massiven Immobilienmarktkrise zu kämpfen. Viele Emerging Markets leiden unter dem hohen US-Dollar und den höheren Zinsen. Dazu kommen Notenbanken, die (vielleicht mit Ausnahme von China und Japan) Liquidität aus den Märkten nehmen. Auch fiskalisch nehmen sich viele Länder zurück. Das führt zu einer gewollten Abkühlung der Wirtschaftsaktivität und auch zu einer Abkühlung von Vermögenswertentwicklungen bei Immobilien, Aktien oder auch Crypto-Währungen. Die entsprechenden Vermögenseffekte wirken sich auf die Kaufkraft und Konsumlust der betroffenen Haushalte aus. Auf gebrauchte Luxusuhren spezialisierte Händler melden bereits ein stark gestiegenes Angebot.

Vor ein paar Wochen war es vor allem die Angst vor einer Überhitzung der Wirtschaft, die Börsianer zittern ließen. Aktuell haben Märkte vor allem Angst vor einer größeren globalen wirtschaftlichen Abschwächung. Wir sind wieder in der bekannten Lage, dass zu gute Wirtschaftsnachrichten, schlechte Nachrichten für Börsen sind – aus Angst, dass Notenbanken die Bremse noch stärker anziehen. Die US-Bondmärkte zeigen es deutlich auf:  Zehnjährige US-Staatsanleihen haben ihren bisherigen Hochpunkt im aktuellen Zyklus im Juni bei fast 3,5% gesehen – zum Ende Juli standen wir wieder bei 2.6% – das niedrigste Level seit 8. April dieses Jahres. Märkte preisen einen höheren Zins und eine Rezession also bereits ein. Die Frage ist allerdings ein wie hoher Zins und eine wie lange und wie tiefe Rezession sind eskomptiert. Eine leichte Rezession bei einem weiter starken Jobmarkt (wenn es so etwas geben kann), bei weiter starken Unternehmensbilanzen wäre sicherlich sehr verkraftbar. Rohstoffpreise und Inflationserwartungen sind auf jeden Fall stark von ihren Hochpunkten in diesem Jahr zurückgekommen: Aluminium zum Beispiel ca. -40%, Kupfer ca. -30% oder Oil (WTI) ca. -30% (zum Ende Juli)

Eine zentrale Frage ist dazu, ob wir den Inflation-Peak (den Hochpunkt der Inflation) bereits gesehen haben. Eine andere ist, wie sich die stark gesunkene Konsumenten-Stimmung in den nächsten Monaten auswirken wird. Vor allem wenn die Urlaubssaison vorbei ist. Viele sind diesen Sommer mit aller Gewalt in den Urlaub gefahren – Verspätungen, Überfüllung und hohe Preise konnten nicht abschrecken. Zu groß der Wunsch nach COVID-Lockdowns wieder zu reisen. Werden wir aber nach dem Sommer in unsere inflationsgeschädigten Geldbeutel schauen und dann doch weniger konsumieren?

Doch über Inflation und Zinsgefahr und die Post-Covid-Anpassungsprozesse in der Wirtschaft haben wir in den letzten Monaten viel geschrieben. Hier hat sich, nach unserer Auffassung, in den letzten Wochen fundamental nicht viel geändert. Schauen wir daher ins Portfolio des CONREN – Generations Family Business Equity: Die bisherige Q2-Gewinnsaison gibt weiter Mut. Viele der Ergebnisse können sich sehen lassen. Sie waren zumeist entweder sehr gut oder nicht so schlimm wie vom Markt erwartet. Viel ist bereits in den Kursen enthalten. Hier haben sich unserer Analysen im Vorfeld in weiten Teilen bestätigt. Der Fonds konnte profitieren. Mehr als die Hälfte unserer Portfolio-Unternehmen hat bereits berichtet (zum Ende Juli), wie die Geschäfte im zweiten Quartal dieses Jahres gelaufen sind und wie sie das weitere Jahr einschätzen. Viele der oben genannten ökonomischen Entwicklungen spiegeln sich in den Zahlen und Kommentaren des Managements wider: Die Nachfrage bleibt in den meisten Bereichen ungebrochen stark, Auftragsbestände sind hoch und das Umsatzwachstum wird vielerorts durch Produktionskapazitäten oder Lieferverzögerungen, aber nicht aufgrund mangelnder Nachfrage, gebremst. In einigen Fällen leiden die Margen bereits unter den wesentlich höheren Input-Kosten. In anderen Fällen sieht das Management diesen Druck sich in den nächsten Monaten verschärfen. Viel aber nicht alles und oftmals nicht sofort kann an Kunden über Preiserhöhungen weitergegeben werden – allerdings wird das bei weniger Nachfrageüberhang und schlechterer Konsumentenstimmung in der nahen Zukunft ggf. nicht mehr in diesem Ausmaß möglich sein. Viele Unternehmen können sich aktuell noch Produkte und Preis aussuchen. Es wird mehr in das Working Capital (in Lager und Forderungen) investiert – aufgrund höherer Sicherheitspuffer (oder einfach da es nunmehr nach Lieferengpässen möglich ist) aber auch einfach aufgrund steigender Umsätze. Diese höhere Kapitalbindung wird eine höhere Zinslast nach sich ziehen. Dazu ringen viele Unternehmen darum, mehr Mitarbeiter einzustellen, um den erwähnten Lieferrückstand abzuarbeiten. So lange dieser Lieferrückstand besteht und nicht mehr Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eintreten (da sich Menschen entscheiden doch wieder arbeiten zu wollen, es mehr Zuwanderung gibt oder Unternehmen in anderen Bereichen – zum Beispiel Unternehmen, die in COVID-Zeiten mehr Personal benötigt haben – Arbeitsstellen abbauen), wird es wohl keine große Entspannung im Arbeitsmarkt oder beim Lohndruck geben. Dazu kommen nun wieder mehr Kosten für klassisches Marketing und klassischen Vertrieb – also zum Beispiel höhere Ausgaben für Messen und Reisekosten. Die Nachfrage aus China wird, gerade nach Ende der Lockdowns, weiter positiv eingeschätzt. Der schwache Euro hat vielen Unternehmen in der Eurozone geholfen – auf der anderen Seite importieren wir so Inflation; zum Beispiel bei US-Dollar-nominierter Energie. Der Ausblick wird für die Unternehmenslenker verständlicherweise schwerer – was auch daher nicht verwundert, da sie eben Unternehmer und keine Ökonomen mit (vermeintlichen) Kristallkugeln sind. Die Anpassungsfähigkeit von Unternehmerinnen und Unternehmern in diesen besonderen und sehr bewegten Zeiten bleibt, wie auch der Einsatz, bewundernswert. Viele Supertrends in Wirtschaft und Gesellschaft sind ungebrochen.

Im Folgenden noch ein paar bestätigende positive Beispiele von größeren Unternehmen aus dem Portfolio: LVMH (Louis Vuitton Moet Hennessy; Familie Arnault) zeigt die global anhaltende Stärke der Nachfrage nach Luxusgütern deutlich auf. Der globale Umsatz wächst im zweiten Quartal um 27% und damit fast 10% mehr als vom Markt erwartet. Der wiederkehrende Gewinn steigt um sage und schreibe 34%. Das starke Geschäft in den USA und in Europa kompensiert die aufgrund von Lockdowns sinkende Nachfrage in China. Die Währungsentwicklung gab weiteren Rückendwind. Nicht zuletzt haben eine ganze Schar von US-Touristen, die aufgrund des starken US-Dollars in Europa niedrigen Preise für Shopping-Touren genutzt haben, maßgeblich zu diesem Wachstum beigetragen. Die Unternehmensführung sagt, dass man mit einem starken Momentum ins zweite Halbjahr geht. Auch in China hat sich die Nachfrage nach den Lockdowns merklich verbessert.

Der Autohersteller Stellantis (Agnelli Familie; Zusammenschluss von Fiat Chrysler und Peugot im Januar 2021) hat ein Umsatzwachstum von +17% für das erste Halbjahr 2022 erzielt. Die Unternehmensleitung spricht von hohen Preisen, einem vorteilhaften Produktmix und positiven Währungseffekten. Sie sieht ein “stellar” (ein hervorragendes) Auftragsbuch: ’’drei Mal so hoch wie vor COVID” und einen „very specific sweet spot“.

Das deutsche Softwarehouse Nemetschek (gegründet 1963 von Prof. Georg Nemetschek in München) meldet ein zweistelliges Umsatz- und Gewinnwachstum für das zweite Quartal dieses Jahres: Umsatz +22,9% und EBITDA (Consolidated operating earnings before interest, taxes, depreciation and amortization) +21.7%. Das Unternehmen bestätig dazu die Ziele für 2022. Die wiederkehrenden Umsätze haben, unter anderem aufgrund der starken Nachfrage nach Subscription-Modellen, ein neues Hoch erreicht und bleiben ein Haupttreiber des Wachstums.

Auch die Konsumgüter-Riesen L’Oreal (Familie Bettencourt, Paris) und Beiersdorf (Familie Herz, Hamburg) haben sehr gute Ergebnisse vorlegt und damit die Markterwartungen schlagen können:

Beiersdorf steigert seinen Umsatz im zweiten Quartal 2022 um +10,6% (die Analystengemeinschaft hatte +6,1% erwartet). Auch die operative Gewinnmarge (EBIT-Marge) hat mit 15,9% positiv überrascht. Die Unternehmensführung sieht ein starkes Umsatz-Momentum. In China macht der Post-Lockdown-Umsatzrebound zusätzlich Mut. Das Unternehmen zielt darauf ab, um die 80% der Kosteninflation an die Verbraucher weiterzugeben.

L’Oreal hat sich wiederum ein ganzes Stück besser entwickelt als der Gesamtabsatzmarkt des Unternehmens. Der globale Umsatz stieg um +13,4%: Europa +13,4%: Nordamerika +25,3%, Nordasien +22,7% und Lateinamerika +43.9%. Der Gewinn pro Aktien ist um 30,8% gestiegen. Die Unternehmensleitung spricht von großen Unsicherheiten und einem schwierigen Ausblick. Bestätigt, aber gleichzeitig, wie viele andere Unternehmen, sehr zuversichtlich und optimistisch in das zweite Halbjahr 2022 zu blicken.

Das medizinische Testunternehmen DiaSorin aus Italien konnte die Umsatz-Erwartungen ebenfalls deutlich übertreffen und hat seine Ziele für 2022 angehoben. Der Gewinn lag 13% über den Erwartungen. COVID-Tests waren weiterhin ein gutes Geschäft. Das nicht-COVID-Geschäft soll in diesem Jahr um +24% wachsen.

Natürlich haben aber nicht alle Unternehmen im Portfolio des CONREN – Generations Family Business Equity positiv berichtet. Es gab auch eine Handvoll negativer Überraschungen. Insgesamt war die bisherige Berichtssaison aber sehr positiv.

Als langfristige Investoren sind wir davon überzeugt, dass es in den aktuellen volatilen und nervösen Märkten von größter Bedeutung ist, langfristig fokussiert zu bleiben. Eben genau wie auch die Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer, in die wir investieren. Wie wird die Welt, die Wirtschaft und Unternehmen in 5 Jahren und darüber hinaus aussehen?  Mit einem langfristigen Blick und bei der Einzeltitelauswahl ist es oftmals einfacher Chancen und Risiken einzuschätzen.

So bleiben wir wiederum, trotz der aktuellen Risiken und den größeren Schwankungen an den Märkten, vor allem langfristig, weiterhin sehr positiv was die weitere Entwicklung von ausgewählten Aktien europäischer Familienunternehmen angeht.

Wir stehen Ihnen bei Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschlägen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen

Andreas Lesniewicz                                      Laura Prina Cerai, CFA