Monatliches Update Familienunternehmen-Aktien

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Märkte bleiben weiter verunsichert. Zuletzt konnten sich Aktienkurse etwas stabilisieren – Inflations- und Zinssteigerungsangst ließen ein wenig nach, die COVID-Zahlen in Shanghai und Peking sind merklich zurückgegangen, der Ukraine-Krieg konzentriert sich auf den Donbas. Dazu ist die Stimmung unter den Anlegern sehr schlecht und die Kasse-Quote von Fondsmanagern sehr hoch. 

Dazu gibt es Bewegung im System: Auf der einen Seite zeigt der Post-COVID-Nachfrage-Hype, nicht zuletzt aufgrund gestiegener Preise, erste Schwächen. Das war zu erwarten und ist durchaus gewollt. Zum anderen sehen wir erste Zeichen für Entspannungen zum Beispiel bei Preisen für Halbleiter und Düngemittel sowie bei LKW-Logistikkapazitäten und Frachtraten in der Schifffahrt. Auch viele Unternehmen überraschen weiter mit guten Zahlen: So hat heute zum Beispiel Inditex, die Mutter der Modemarke Zara, trotz erster Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, Ladenschließungen in Russland und COVID-Lockdowns in China, sehr gute Zahlen vorgelegt. Die Aktie reagierte im frühen Handel sehr positiv und konnte die Kursverluste der letzten drei Monate wett machen.*

Sehen wir eine klassische Bärenmarktrallye oder haben wir die Tiefs schon gesehen? Für langfristige Anleger hängt die Antwort wohl vor allem davon ab, ob man an eine langfristige Zinswende glaubt oder nicht. Viele Inflationsquellen resultieren aus der COVID-Krise und dem Krieg in der Ukraine. Die Herausforderung der Notenbanken ist es nun eine Lohnspirale, in der höhere Lebenshaltungskosten zu wesentlich höheren Löhnen führen, die dann wieder zu höheren Produktpreisen führen, zu verhindern …und dabei das Wirtschaftswachstum nicht zu sehr abzuwürgen. Wir werden in den nächsten Monaten wohl weiter mit Knappheit bei Produkten und Dienstleistungen (siehe zum Beispiel das Flugchaos an vielen Flughäfen) kämpfen müssen. Die Stimmung der Konsumenten ist eingetrübt – das Realeinkommen sinkt. Wir sehen gleichzeitig erste Probleme von Unternehmen schnell aufgebaute Einzelhandel-Lager auch abzuverkaufen.

Unternehmenslenkern und Dealmakern macht die aktuelle Unsicherheit zu schaffen. Der Ausblick fällt aktuell weiter schwer. Auch daher zielen wir darauf ab, in gestandene Unternehmen mit starken Bilanzen und funktionierenden, zukunftsgerichteten Geschäftsmodellen zu investieren. Natürlich können und werden deren Aktien in einigen Zukunftsszenarien auch leiden – aber breit angelegte Pleiten sind in dieser Gruppe eher unwahrscheinlich. Das ist für uns ein natürlicher Hedge. Das sind „Real Assets“. Viele Familienunternehmer:innen haben in den letzten Monaten in Rekordgeschwindigkeit gelernt mit den aktuellen Schwierigkeiten umzugehen. Sie waren in diesen COVID-Zeiten sehr innovativ. Das sollten wir beim Blick in die Zukunft nicht unterschätzen.

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Mehr zur aktuellen Krise und Aktien von Familienunternehmen in unserem Interview mit Fonds im Fokus: „Ich würde mir in diesem Zusammenhang wünschen, dass der Markt und die Investoren wieder dazu übergehen, auch außerhalb der allgegenwärtigen US-Tech-Werte nicht nur in ETFs, in Märkte, Länder oder Themen zu investieren, sondern eben in Unternehmen und auch in die handelnden Personen, die diese täglich vorantreiben und die unerlässlich daran arbeiten, Krisen und Wandel als Chance zu nutzen. Schillernde Personen, wie Elon Musk oder Bill Gates, kennt jeder. Doch was ist mit all den anderen Unternehmer:innen in Europa, die ihre Unternehmen aufgebaut haben, unermüdlich vorantreiben, durch Krisen bringen – teilweise seit Generation. Was ist mit den Familien Boone, Fuchs, De Pauw, Frechin oder Meister? Gerade in Zeiten der Unsicherheiten müssen wir ja in die Mannschaft investieren – das Unternehmen, das Geschäftsmodell, das Cashflow-Profil wird in ein paar Jahren ggf. ganz anders aussehen als heute.“

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Insgesamt sehen Aktien europäischer Familienunternehmen nicht teuer aus, wenn wir nicht von einer großen Rezession und einer langfristigen sowie starken Margenkompression ausgehen. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) des CONREN-Familienunternehmen-Universums Europa** liegen nunmehr unter dem Niveau des 1. Quartals 2020 (dem Quartal der COVID-Aktienmarktpanik) und deutlich unter dem Vor-COVID-Niveau. Dazu liegt das 12-Monats-Forward-KGV nun über dem aktuellen 12-Monats-Trailing-KGV. Der Markt preist somit eine negative Gewinndynamik für das nächste Jahr ein. Auch die übliche Qualitäts-Prämie für das CONREN Family Business Universe Europe gegenüber dem allgemeinen Aktienmarkt gibt es aktuell nicht mehr. Das war das letzte Mal in der COVID-Panik im ersten Quartal 2020 der Fall.

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(** Das CONREN-Familienunternehmen-Universum Europa umfasst die Aktien von börsennotierten Familienunternehmen in Europa mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Millionen. Mehr zur Zusammensetzung des Universums finden Sie hier.) 

So bleiben wir wiederum, trotz der aktuellen Risiken und den größeren Schwankungen an den Märkten, vor allem langfristig, weiterhin sehr positiv was die weitere Entwicklung von ausgewählten Aktien europäischer Familienunternehmen angeht. Wir versuchen weiter Chancen und Risiken vor allem auf Ebene der Einzeltitelauswahl und der Portfoliokonstruktion zu managen – die langfristige Ausrichtung bleibt hierbei zentrale Vorgabe und Stärke. Auch im Worst-Case-Szenario „langfristig hohe Inflation“ werden sich ausgewählte Familienunternehmen, nach unserer Überzeugung, voraussichtlich überdurchschnittlich gut schlagen.

Wir stehen Ihnen bei Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschlägen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen,
Andreas Lesniewicz, Laura Prina Cerai, CFA

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* Dies dient ausschliesslich der Information und stellt keine Anlageempfehlung / Anlageberatung dar. Die Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind keine zuverlässigen Indikatoren für zukünftige Erträge.