CONREN Marktkommentar Herbst 2017

Aktien-Bullenmarkt im Reifestadium, aber noch nicht am Ende


Rückblick
  • Im 3. Quartal verfestigte sich das globale Wachstum: Erstmals seit 10 Jahren wachsen die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt synchron. Global sehen wir Zuwachsraten von 3% bis 4%. Dazu dreht der Kreditzyklus weiter nach oben.
  • Die Wachstumsdynamik ist dabei aber nicht hoch genug, um das Inflationsbild zu verändern (USA, Europa, Japan). Das weiter vorherrschende Goldilocks-Umfeld (nicht zu kalt und nicht zu heiß) führt zu einer weiteren Reflationierung der Vermögenspreise – insbesondere bei Aktien und Immobilien.
  • Nachdem die Schäden aufgrund der Stürme im Süden der USA wesentlich geringer als befürchtet ausfielen, wurde der Markt von der letzten Unsicherheit befreit. Die US-Aktienmärkte erreichten neue Höchststände. Die europäischen Märkte litten hingegen teilweise unter dem stärkeren Euro. Die Bewertungs- und Momentumslücke zu den US-Märkten weitete sich vorübergehend weiter aus.
  • Eine geringe Marktbreite (wenige IT-Werte treiben seit geraumer Zeit die Indizes) und Rekord-Fremdfinanzierungen für Aktienkäufe weisen in den USA auf das «Reifestadium» des Bullenmarktzyklus hin. In Europa sind die Bewertungen dagegen niedriger und der Aufwärtstrend gesünder.
  • Auf Anleihenmärkte haben Investoren an den in den letzten Jahrzehnten definierten und bisher erfolgreichen Verhaltens- und Denkmustern festgehalten und Kursrückgänge für Käufe genutzt («buy the dips»). Darüber hinaus liessen Zweifel an der angekündigten gelpolitischen Kehrtwende der US-Notenbank die Anleihenkurse steigen.
  • Die politische Unsicherheit in Europa sieht der Markt erst einmal als überstanden an – trotz Brexit, Streit innerhalb der EU und anstehender Wahlen in Italien. In den USA hat sich der Markt an die Unberechenbarkeit des US-Präsidenten («The Orange Swan») sowie an wenige sichtbare Ergebnisse gewöhnt.
  • Wir haben 2017 bisher von unseren Währungsabsicherungen gegenüber dem USD profitiert. Die Absicherungen haben wir gegen Ende des 3. Quartals bei einem Kurs von ca. 1,20 aufgelöst. Die höhere Gewichtung von europäischen Werten und Absicherung von US-Aktien ist im letzten Quartal noch nicht aufgegangen. Erst in den letzten Wochen des 3. Quartals konnten wir hiervon profitieren.
Ausblick
  • Trotz jederzeit möglicher, kurzfristiger Rücksetzer sind wir vor allem für Aktien nach wie vor noch positiv gestimmt. Das gilt insbesondere für europäische und asiatische Werte. Die Wahrscheinlichkeit einer weltweiten Rezession scheint uns derzeit niedrig zu sein. Das könnte eher 2019-2020 ein Thema werden.
  • Die wahrscheinlich zentrale Frage ist, inwiefern die vielen deflationären Faktoren die Inflationserwartungen – trotz zyklischem Aufschwung und expansiver Notenbankpolitik – weiter niedrig halten können. Neben der Globalisierung und den westlichen Bevölkerungsstrukturen wirkt die neue Innovationswelle bei Automation, künstlicher Intelligenz und Gesundheit deflationär. Allerdings gilt, dass Inflation schon immer schwer vorherzusagen war. Plötzliche Ausschläge bleiben eine Gefahr für Ökonomie und Märkte.
  • Renten- und Aktienmärkte spiegeln nach wie vor sehr unterschiedliche Zukunftsprognosen wider: Rentenmärkte (niedrige implizite Inflationserwartung und flache Zinsstrukturkurve) sind derzeit in Bezug auf den Konjunkturzyklus pessimistisch, während Aktienmärkte weitere Gewinnsteigerungen der Unternehmen vorwegnehmen.
  • Wir leben in einer Zeit niedriger Rendite. Dieser Zustand wird voraussichtlich lange andauern («less for longer»). Die verzweifelte «Rendite-Jagd» für wenige Basispunkte unter Inkaufnahme von hohen Illiquiditäts-, Kredit- oder Währungsrisiken birgt die Gefahr, früher oder später von der sogenannten «Dampfwalze» überrollt zu werden
  • Währungsrelationen und -bewegungen bleiben für die Entwicklung an den Aktienmärkten (kurzfristige Optik, Markttechnik) wichtig. Ein starker Euro ist dabei gut für Europa und die europäischen Aktienmärkte.

Welche Faktoren könnten im derzeitigen Zyklus eine nachhaltige Trendumkehr bewirken? Unseres Erachtens sind dies insbesondere folgende Punkte:

  1. Geldpolitische Fehler: zu rasche Straffung (Geldmenge und Kreditverknappung)
  2. Platzen der Kreditblase in China mit weitreichenden Effekten auf die globale Wirtschaftsaktivität
  3. Anlegerstimmungswechsel infolge höherer Anleger-Partizipation (bei Aktien: «TINA», there is no alternative) von Optimismus hin zu einer Euphorie, bei gleichzeitig immer höheren Bewertungen

Wir denken, dass alle drei Punkte für die nächsten Monate noch kein wirkliches Risiko darstellen.


Mehr lesen im Anhang zum CONREN Marktkommentar Herbst 2017


Autor: Patrick Picenoni
(Gründungspartner Altrafin / Fondsmanager CONREN)


„Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, dass man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird.“
Ernest Hemingway


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