Bärenmärkte: Krise und Wandel = Chance …den Bärenmarkt mit Aktien von Familienunternehmen nutzen

2022 ist bislang kein einfaches Jahr an den Börsen. Im ersten Halbjahr haben Anleger sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen deutliche Verluste verkraften müssen. Wir sehen vielerorts Rekordverluste. Der Stand der großen und breiten Aktienindizes zeigt hier wiederum nur die halbe Wahrheit: Technologiewerte, aber auch Industrietitel und zyklische Qualitätsaktien sind mitunter 40% und mehr gefallen. In einigen Teilmärkten sehen wir Verluste von 70% und mehr. Wir befinden uns in einer Marktphase, in der fast alle Vermögenswerte und fast alle Aktien gedrückt werden – einige werden in Zukunft wieder auftauchen, während andere wohl unter Wasser bleiben werden.

Fangen wir aber mit der positiven Nachricht an, die man nicht oft genug wiederholen kann: Bärenmärkte bieten, gerade für langfristig orientierte Investoren, große Chancen. Das hört sich logisch und einfach an, ist aber in der Praxis nicht immer ganz einfach umzusetzen (sonst würde es ja auch jeder machen). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bärenmarkt wütet und man hohe, nicht immer logische, Buchverluste in schnellem Tempo, bei immer lauter zirkulierenden Untergangsszenarien, ertragen muss. Doch als Investoren sollten wir uns über Marktverwerfungen und den Wandel in der Wirtschaft eigentlich freuen. Sie bieten gute Chancen für einen langfristigen Vermögensaufbau…und Aktien von Familienunternehmen sind das ideale Instrument dafür.

Momentan haben wir bekannterweise mindestens drei sich überlagernde Problemfelder, die wir so noch nie oder lange nicht mehr gesehen haben: die Pandemie mit einer extremen Nachfrageverschiebung, der Ukraine-Krieg und die hierdurch bedingte, bisher nach wie vor allem angebotsseitige Inflation, aufgrund derer die Zinsen in schwindelerregendem Rekordtempo gestiegen sind. Dazu kommen die grüne Revolution und politische Verschiebungen sowie demographischer Gegenwind. Das gesamte System wird kräftig durchgeschüttelt. Wir sind überall weit von einem eingeschwungenen Zustand entfernt. Daher gehen die Zukunftsprognosen überall so weit auseinander, wie wir es selten zuvor gesehen haben. Von einer langanhaltenden Depression bei gleichzeitig hoher Inflation und hohen Zinsen bis hin zu einer kurzfristigen Pause mit einem kurzen Luftholen zurück zu stark wachsenden Volkswirtschaften und steigenden Börsen bei niedrigen Zinsen und niedriger Inflation.

Märkte haben sich dazu in ihrem Verhalten in den letzten Jahren merklich gewandelt. Sie sind volatiler und unberechenbarer geworden. Das ist ein Nebeneffekt der Liquiditätsschwemme der letzten Jahre und neuer Technologien. Kursbewegungen sind daher in beide Richtungen mit mehr Vorsicht zu betrachten. Das gilt heute noch mehr als in der Vergangenheit. Langfristige Anleger dürfen historische Kursrekorde sowie Draw-Downs in der Krise nicht überbewerten. Wir werden uns wohl noch eine ganze Weile immer wieder die Frage stellen, ob das Schlimmste schon vorbei ist oder, ob negative Stimmung, frühe Schnäppchenjäger und Short-Covering zu einer kurzfristigen Erholungsrallye in Rahmen des Bärenmarktes führen.

Vor diesem Hintergrund fragen Investoren oft, in was und wie man in diesem Umfeld überhaupt noch investieren kann. Gerade in der aktuellen Krise merken wir, welche großen Vorteile Aktien von Familienunternehmen für uns Investoren haben.

Natürlich ist das Risiko gestiegen, dass die aktuelle Marktverwerfungen erst der Anfang sind. Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind in den letzten Monaten deutlich zurückgekommen, sie sind in einigen Sektoren aber noch ein ganzes Stück von den Tiefpunkten früherer Börsenkrisen entfernt. Dazu zeichnen verschiedene Szenarien sehr unterschiedliche Gewinnentwicklungen wieder. Nach dieser in unserer modernen Wirtschaftsgeschichte einzigartigen COVID-Zeit, müssen sich Gewinnlevel erst wieder einpendeln. Das gilt für beide Seiten: die COVID-Gewinner werden Umsatzwachstumsraten und Margen nicht immer voll halten können und COVID-Verlierer haben noch ein ganzes Stück aufzuholen. Wir müssen uns, im Rahmen unserer Strategiefindung, also durchaus darauf einstellen, dass uns der Bärenmarkt noch eine ganze Weile begleiten wird. Dazu gehört auch, dass die Wirtschaft, bei höherer Inflation und höheren Zinsen, für eine Weile langsamer wächst oder sogar schrumpft. Auch wenn dies für uns nicht das wahrscheinlichste Szenario ist.

Allein daher ist es wichtig, dass wir den Bärenmarkt nutzen, solange dieser anhält. Zum Beispiel, um Unternehmen zu kaufen, die in der Vergangenheit einfach zu teuer waren oder um deutliche Marktverzerrungen zu nutzen. Wir können die Überreaktion der Märkte in Bezug auf einzelne Aktien oder Aktiengruppen nutzen, indem wir besonders abgestrafte Aktien mit besserem Aufwärts- aber gleichem oder geringerem Abwärtspotenzial kaufen. Eine besondere Stärke einer langfristigen Ausrichtung ist es, langfristige Perspektiven mit kurzfristigen Chancen zu kombinieren.
Wir sehen viele historisch sehr niedrige Bewertungen – insbesondere bei Qualitätsaktien. Die Prämie für Qualität ist bei vielen Aktien deutlich gesunken. Das sehen wir auch in Bezug auf unser CONREN Family Business Universum Europa* – unseren Blog zu diesem Thema finden Sie hier. Außerdem sehen wir, gerade bei kleineren Unternehmen, vielerorts unverhältnismäßige Abstrafungen und nicht immer logische Relativbewegungen.

Das Problem wird immer sein, dass man die Tiefstkurse nicht timen kann und somit immer ein herunterfallendes Messer fängt. Da müssen wir kurz-/mittelfristig einige Verletzungen in Kauf nehmen. Auf lange Sicht gewinnt aber die Qualität.

Solche Trades können taktisch sein, aber wir kaufen niemals Unternehmen, die wir nicht gerne auch langfristig halten. Diese Familienunternehmensaktien sind Anteile an gestandenen Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle und ihre Cashflow-Stärke in den letzten Jahren und Jahrzehnten unter Beweis stellen konnten. Dies sind Unternehmen, die starke Bilanzen und Kassen-Positionen vorweisen und somit nicht auf eine Finanzierungsrunde nach der anderen angewiesen sind. Bei all dem müssen wir dem Geschäftsmodell und dem Management vertrauen. Aus diesem und anderen (bekannten) Gründen sind Familienunternehmen die mit Abstand besseren Investitionen in Bärenmärkten.
Als langfristige Investoren sind wir davon überzeugt, dass es in den aktuellen volatilen und nervösen Märkten von größter Bedeutung ist, langfristig fokussiert zu bleiben. Eben genau wie auch die Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer, in die wir investieren. Wie wird die Welt, die Wirtschaft und Unternehmen in 5 Jahren und darüber hinaus aussehen? Mit einem langfristigen Blick und im Rahmen der Einzeltitelauswahl ist es oftmals einfacher Chancen und Risiken einzuschätzen. Wer hat weiter eine geschützte Marktstellung, wer hat die Möglichkeit Kosten zu sparen und Preise zu erhöhen, wessen Bilanz ist stark genug für einen weiteren Sturm, wer braucht in Zukunft weniger Kapital, welches Geschäftsmodell hat Rückenwind, etc.? Wie so oft geht es hier darum Gewinner von Krise und Wandel herauszufiltern, aber noch mehr geht es darum die großen potenziellen Verlierer zu vermeiden.

Zum Beispiel glaube ich, dass wir in 12 – 24 Monaten, wieder eingeschwungener leben und konsumieren werden. Die Lieferketten werden sich nach und nach wieder normalisieren. Die Zukunftsprognosen werden wieder enger zusammenrücken und auch die Märkte werden die aktuell hohe Unsicherheit überwinden. Ich bin überzeugt, dass Unternehmen weiter großen Druck haben werden, in Innovationen zu investieren und, dass wir mehr denn je gestandene Unternehmer:innen für den Unternehmenserfolg brauchen werden. In diese wollen wir für unseren langfristigen Anlageerfolg investieren.

_________________

* Das CONREN-Familienunternehmen-Universum Europa umfasst die Aktien von börsennotierten Familienunternehmen in Europa mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Millionen. Mehr zur Zusammensetzung des Universums finden Sie hier.

 

_________________

Autor

Andreas Lesniewicz
CONREN Fondsmanager