Green Deal: Rückendeckung für „Europas Mann auf dem Mond“ – auch auf dem Kapitalmarkt

• Das größte grüne Konjunkturpaket der Geschichte mit 555 Milliarden Euro festigt Umdenken in der Wirtschaftspolitik – auch in Pandemie-Zeiten

• Zunehmende Regulierung forciert Investitionen in grüne Megatrends: Neue Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien sind ein Investment-Megatrend

• Wer mit Blick auf das „E“ für Environment nichts oder zu wenig tut, erhält schlichtweg kein Kapital mehr von Investoren

Wenn die Welt in eine Post-Covid-19-Ära eintritt, wird sie sich immer noch mit den Herausforderungen der globalen Erwärmung auseinandersetzen müssen. Fünf Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen haben die europäischen Staatschefs den „Green Deal“ der Europäischen Union, der im Dezember 2019 unterzeichnet und in diesem September verschärft wurde, bestätigt.

Das Programm des „Green Deals“ – laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen „Europas Mann auf dem Mond“ – ist ein ehrgeiziges Umdenken in der Wirtschaftspolitik und betrifft vor allem die Bereiche Verkehr und Bauwesen sowie den Energiesektor. Der 10-Jahres-Investitionsplan in Höhe von 1 Billion Euro zielt auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen der EU im Jahr 2030 um 55 % gegenüber 1990 – und will bis 2050 null (Netto-)Emissionen, die sogenannte Klimaneutralität, realisieren. Das Investitionsprogramm soll aus öffentlichen und privaten Mitteln finanziert werden und mit mehr als 50 Maßnahmen eine „grünere“ Wirtschaft schaffen. Die längerfristige strukturelle Chance liegt auf der Hand, insbesondere was die nachhaltige Schaffung von Wohlstand – über BIP, Beschäftigungswachstum sowie Energieunabhängigkeit – betrifft. Auch die Verbesserung der Gesundheit und eine gerechtere Einkommensverteilung der EU-Bürger sind Ziele. Dies kollidiert jedoch mit dem kurzfristigen Bedarf der Investoren, dem auf staatlicher Ebene benötigten politischen Kapital. Anfängliche Arbeitsplatzvernichtung, Umstrukturierungskosten und intensive Regulierungen kosten Geld und könnten zu einer Unterfinanzierung des Plans führen.

Auch deshalb hätte man erwarten können, dass die Covid-19-Pandemie die europäischen Entscheidungsträger dazu veranlasst, die Umsetzung des Pariser Abkommens zu verschieben, doch das Gegenteil ist eingetreten. Covid-19 erwies sich als Gelegenheit, die enormen staatlichen Konjunkturpakete mit der Finanzierung grüner Ziele zu verknüpfen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs einigten sich auf einen mit 750 Milliarden Euro ausgestatteten Konjunkturfonds und auf einen 1,1 Billionen Euro starken mehrjährigen Rahmenfonds. In diesem Rahmen entsteht das größte grüne Konjunkturpaket der Geschichte: 555 Milliarden Euro dieses neuen Kapitals sollen das Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 erfüllen helfen. Mit dieser Vereinbarung hat die Europäische Kommission ihre Entschlossenheit bekräftigt, den „Green Deal“ bis Mitte des Jahrhunderts in den Mittelpunkt ihrer Politikgestaltung zu stellen.

Regulation macht auch den Kapitalmarkt grün(er)

In unserer Anlagestrategie sind wir bestrebt, unsere Portfolios auf unterschiedliche, langfristige Megatrends auszurichten. Der Klimawandel, die sich stetig verschlechternde Umweltsituation sowie die Forcierung neuer Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien sehen wir als einen zentralen Megatrend der nächsten Dekade. Auch die Geschäftsmodelle einiger unserer Portfoliounternehmen spiegeln diesen Megatrend direkt oder indirekt: etwa die Zukunft der Landwirtschaft, eine zunehmend auf tierischen Proteinalternativen basierende Ernährung, Wasserstoff als Energiequelle versus traditionellen fossilen Brennstoffen, die Zukunft des Transportsektors mit Blick auf Elektrofahrzeuge, nachhaltige Verpackungstechnologien sowie die industrielle Digitalisierung und Automatisierung.

Wenn auch politische Institutionen, Staaten oder ganze Regionen einen solchen strategischen Wandel mit entsprechenden Gesetzen, Verordnungen und Kapitalunterstützungsmaßnahmen forcieren, dann wird es auch für den Kapitalmarkt zunehmend interessant, in Schlüsselunternehmen, die von diesem Trend profitieren, zu investieren. So will nun auch Japan – wie die Europäische Union – bis 2050 kohlenstoffneutral werden. China plant, sich bis 2060 aus dem Karbon-Zeitalter zu verabschieden. Die USA sowie Lateinamerika werden bis Mitte des Jahrhunderts für Investitionsschübe in diesem Trend sorgen – ein US-Präsident Joe Biden macht es wohl für die USA möglich. Und auch die zunehmende Berücksichtigung der ESG-Kriterien befeuert diesen Megatrend. Industrien und Unternehmen, die mit Blick auf das „E“ für Environment nichts oder zu wenig tun, werden schlichtweg kein Kapital mehr von Investoren erhalten. Die, die es tun, werden von diesem Trend enorm profitieren. Solche Unternehmen gilt es für uns als Investoren, frühzeitig zu identifizieren und zu berücksichtigen.


Autor: Laura Prina Cerai, CFA


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