CONREN Makro-Kolumne: Ruhe bewahren

Der amerikanische Aktienindex S&P 500 hat diesen Dienstag das erste Mal seit mehr als 100 Tagen wieder über 1% an einem Tag verloren. Eine längst überfällige und recht normale Bewegung. Trotzdem wird schon wieder vielerorts vom Ende der Reflation und des Trump-Trades berichtet.

Natürlich gibt es nicht unerhebliche politische Risken und natürlich ist der Optimismus, vor allem an den US-Börsen, recht hoch. Macht man aber einen Schritt zurück und analysiert in Ruhe und nüchtern, erkennt man, dass die Reflation weiter an Schwung gewinnt und es noch weiteres Potential an den Aktienmärkten gibt.

Wir sehen unser Basisszenario für die nächsten Monate bestätigt (siehe letzte CONREN Makro-Kolumne mit unserem Basisszenario für die Aktienmärkte). Nach unserer Ansicht ist eine größere Korrektur für die nächsten Wochen nicht wahrscheinlich. Auch da Investoren und Zentralbanken insgesamt eher skeptisch sind und dem zyklischem Aufschwung (immer noch) nicht trauen.

Wir sehen eben hohen Optimismus, aber noch keine Euphorie. Konsolidierungskorrekturen bei Aktien in der Größenordnung von -3 bis -5 Prozent sind allerdings in der aktuellen Mengengelage jederzeit möglich. Doch in dieser Marktphase spricht vieles dafür, dass Investoren an der Seitenlinie solche Korrekturen für einen Einstieg nutzen werden. War der Bullenmarkt der letzten Monate für sie doch recht schmerzlich. Eine Einstiegsmöglichkeit ist von diesen nicht- oder unterinvestieren Marktteilnehmern schon lange ersehnt. Das sollte das Aufwärtsmomentum weiter beflügeln.

Fassen wir kurze Gedanken zu den großen Reflation-Barometern zusammen:

Zentralbanken 1: Die Amerikaner (US-Fed)
Die letzte Sitzung der amerikanischen Notenbank hat noch einmal klar gemacht, dass der Pfad einer graduellen Zinserhöhung bevorzugt wird. Es würde ein erhebliches „Überschießen“ des Inflationsziels von 2 Prozent benötigen, um eine Zinsnormalisierung in größeren Schritten zu bewirken. Zu beachten: Die Realzinsen sinken wieder, da die Inflation schneller steigt als die Zinsen.

Zentralbanken 2: Die Europäer (EZB)
Höhere Inflationszahlen, bessere Konjunkturdaten und Stimmungsindikatoren lassen die EZB-Gremien ganz anders diskutieren, als das noch vor wenigen Monaten denkbar gewesen wäre. Zinssteigerung und das Herunterfahren der Quantitative Easing Maßnahmen / Kaufprogramme stehen in den nächsten Monaten verstärkt im Mittelpunkt.

US-Dollar
Vor allem aufgrund der Zentralbank-Nachrichten ist der US-Dollar in den letzten Tagen nicht weiter gestiegen, sondern gesunken: er notiert 4,5% niedriger als noch zum Hochpunkt im Januar. Dies auch und insbesondere gegenüber des Euros.

Eine Konsolidierungskorrektur des US-Dollars (EUR/USD über 1.10, bzw. 92-95 im US-Dollar Index DXY) wäre sogar wünschenswert, damit insbesondere Rohstoffe, Schwellenländeraktien etc. mit dem „Rückenwind eines sinkenden US-Dollars“ weiter steigen können.

Renditen von Staatsanleihen / Inflation
Die Anleihenmärkte (ausgehend von US-Staatsanleihen) könnten sich, wie erwartet, weiter erholen, bevor der Druck aufgrund von steigenden Renditen wieder zunimmt. Die Renditen von 10 jährigen US-Staatsanleihen sind in den letzten Tagen wieder auf 2,4% gesunken, nachdem sie am oberen Ende des Trendkanals von ca. 2,6% gekratzt haben.

Steigen Rohstoffpreise wieder an, bei einem gleichzeitig weiter anziehenden Wirtschaftsaufschwung, dann wird sich dies früher oder später in steigenden Inflationsdaten widerspiegeln. Erst dann werden die Anleihenrenditen ihren Aufwärtstrend vom 4. Quartal 2016 fortschreiben und sowohl Anleihenmärkte wie auch Aktienmärkte womöglich unter Druck setzen. Dies sehen wir aber erst für später im Jahr auf uns zukommen.

Unternehmensgewinne
Die Unternehmensgewinne für das 4. Quartal 2016 sind die höchsten in rund 6 Jahren. Wichtig: das ist nicht nur aufgrund von Kostenreduktionen und Rationalisierungsmaßnahmen der Fall, sondern insbesondere weil die Umsätze gestiegen sind (+2% im Jahresvergleich). Dies ist ein direkter Effekt des zyklischen Aufschwungs im globalen Wachstumstrend.

Politik 1: Wahlen in Frankreich
Die gefühlte politische Unsicherheit in Europa trägt wesentlich zum hohen Bewertungsunterschied von europäischen Aktien (relativ niedrig) in Relation zu amerikanischen Aktien (relativ hoch) bei. Der zentrale nächste Schritt sind die französichen Wahlen. Eine Überraschung bleibt hier allerdings recht unwahrscheinlich: das zweistufige Wahlsystem (Macron in der Stichwahl weit vor Le Pen), die Bedeutung und Struktur der Medienlandschaft, die Aussagekraft von Umfragen, die Parteienstruktur, der recht hohe Vorspung von Macron gegenüber Le Pen und nicht zuletzt der souveräne Auftritt von Marcon in der ersten TV-Debatte. Sicher ist allerdings schon heute: verlieren wird wiederum das Establishment.

Lichtet sich in den kommenden Wochen diese aus Frankreich kommende Wolke, könnten insbesondere europäische Aktien profitieren und die Bewertungslücke zu den USA verringern. Ein möglicher Sieg von Macron ist unseres Erachtens noch nicht vollständig in den aktuellen Aktienpreisen eskomptiert.

Politik 2: Trump
Unbeantwortet bleibt: was wird Trump tatsächlich wie schnell umsetzen (können). Werden wirtschaftsfreundliche oder handelsfeindliche Aspekte überwiegen? Die Abstimmungsverhalten zu Trumpcare und zur Anhebung der Verschuldungsgrenze sowie die Russian-Connection stehen hier aktuell im Mittelpunkt.

Öl
Wir sehen (trotz OPEC+ Akkord) einen Versorgungsüberhang aufgrund der unkonventionellen Förderung in den USA. Diese Unternehmen sind die neuen „marginalen Produzenten“ (profitabel bei ca. 55 US-Dollar). Sie limitieren Preiserhöhungen auf ca. 55-60 US-Dollar. Massive spekulative Long-Positionen werden aktuell abgebaut („squeezed“).

Gold / Goldminen
Gold und Goldminen erholen sich seit Anfang des Jahres (Gold in den letzten 6 Tagen plus ca. 4 Prozent). Trotz insgesamt höheren Anleihenrenditen (vs. Gesamtjahr 2016) und damit steigernder Opportunitätskosten. Als Schutz vor Inflation sowie aufgrund der derzeit wieder fallenden Realzinsen, der Anfälligkeit von Risiko-Assets und politischer Unsicherheiten, überwiegen dennoch die positiven Aussichten. Die Nachfrage ist aktuell gut untermauert.


Aktueller Ausschnitt aus CONREN’s M3

„CONREN’s M3 sind Dreh- und Angelpunkt der CONREN Methodik, der aktuellen Markteinschätzung und des Portfoliomanagements“

«Wie Märkte sich verhalten sollten»
Fundamental-Daten

Makro: Liquiditätsparameter und Wirtschaftszyklen

  • Reflation gewinnt seit Herbst 2016 an Schwung getrieben durch zyklisches Wirtschaftswachstum (Wiederaufleben der produzierenden Industrie) und die Hoffnung auf weltweite Fiskalpolitik/Strukturreformen.
  • Inflationszahlen drehen nach oben. Nach Preissteigerung bei Vermögenswerten nun auch steigende Konsumentenpreise – nicht nur aufgrund steigender Rohstoffpreise (bzw. Produzentenpreisen), sondern auch aufgrund von Lohnkosteninflation.
  • Unbeantwortet: was wird Trump tatsächlich umsetzen (können). Werden wirtschafts-freundliche oder handelsfeindliche Aspekte überwiegen.

Absolute Bewertungsparameter

  • USA: S&P 500 ist historisch über dem «fair value». Niveau wird sich vermutlich weiter nach oben verschieben → Gewinnsteigerungen aufgrund von Trumponomics und zyklischem Aufschwung notwendig, um Niveau zu rechtfertigen.
  • Europa & Japan: fundamental (KGV, PCF, PB) günstiger. Monetärer Rückenwind und Währungsvorteile bleiben erhalten.

Relative Bewertungsparameter

US Aktien: eher teurer als andere (Europa + Japan), und nicht mehr günstiger als Staatsanleihen. Div.-Rendite =< 10-jährige Anleihenrendite

„Wie Märkte sich tatsächlich verhalten“
Markt-(Dynamik)

Angebot-Nachfrage-Verhalten, markttechnische Parameter und Markt-„Sentiment“

  • Aktienmarkt 1: S&P 500 ist (zusammen mit 1990-98) in seinem zweitlängsten Bullenmarkt seit 1900 (94 Monate). Der 2009 begonnene säkulare Bullenmarktzyklus ist damit im «Reifestadium» angekommen, aber noch nicht zu Ende (Historische Dauer: 10-15Jahre). Eine von vielen Seiten propagierte Marktbereinigung in den nächsten Monaten, findet jedoch derzeit noch keine Bestätigung in der technischen Marktsituation und im Geschehen am Markt z.B. «Price Action».
  • Aktienmarkt 2: Im Zuge des «Reflation-Trades» kommt es zur Sektor Rotation: Verschiebung des Fokus von defensiven Werten hin zu zyklischen Werten. Der US Markt und hier Bankaktien geben den Takt und die Geschwindigkeit der aktuellen Hausse an.
  • Kurzfristig: Es wäre nicht überraschend, wenn es in den nächsten Wochen zu einer leichten Korrektur (Aktien minus 3-5%) und gleichzeitig zu einer Zwischenerholung bei den Anleihenrenditen käme. Großer Optimismus und geringe Marktvolatilität bei Aktien.

Lesen Sie hier mehr zum CONREN Ansatz und zu CONREN’s M3.


Autor: Ihr CONREN Team


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