Der nächste Marketing Coup: „Smarte“ ETFs (oder „Smart Beta“)

Der klassische Ansatz – Pures Beta

Immer mehr Geld fließt in Exchange Traded Funds: sowohl in Aktien- als auch Renten-ETFs. Doch woran liegt das?

Exchange Trades Products Volumen Entwicklung

Bekanntlich wird bei diesen passiven Anlagefonds ein Index nachgebildet, denn um diese handelt es sich bei den geläufigen internationalen Indizes.
So gewichtet ein Anleger Werte mit einer großen Marktkapitalisierung also idR automatisch höher. Dieses Vorgehen hat zum Beispiel bei Renten-ETFs ein deutlich höheres Durationsrisiko (Zinsänderungsrisiko) als noch vor ein paar Jahren zur Folge, da dies in kapitalgewichteten Indizes in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Schon kleine Zinserhöhungen können damit bereits zu erheblichen Wertverlusten bei diesen ETFs führen.

Entwicklung der Duration des JPM Global Bond Indexduration

Es ist nicht das Ziel von ETFs, sich besser zu entwickeln als der abgebildete Index, sondern pures Beta zu bieten. Dabei versprechen ETF-Anbieter u.a. niedrige Kosten, hohe Transparenz und eine einfache Abwicklung sowie breites Markt-Exposure mit einem Kaufauftrag. Für uns als aktive, makrofokussierte Investoren sind ETFs eine von vielen Möglichkeiten insbesondere taktische, also kurzfristigere Anlageideen, effizient umzusetzen. Folglich wird bei uns immer eine aktive Strategie passiv umgesetzt. Dabei ist es wichtig sich der jeweiligen Indexzusammensetzung und der ETF-Funktionsweise vollkommen bewusst zu sein.*

The New Thing – Smart ETFs (=Smartes Beta)

Diese neuartigen ETFs gewichten die Positionen eines Index nach anderen Faktoren als der Marktkapitalisierung. Sie sollen also „smarter“ sein als der Index. Aber was bedeutet „smart“ in diesem Zusammenhang? Die Grundidee dieser Wertpapiere ist es, von unterschiedlichen Risikoprämien der gewählten Faktoren zu profitieren.
Zur Veranschaulichung in der Tabelle finden Sie unten einige Smart-Beta-Ansätze:

Smart Beta ETFs sind also vielmehr aktive oder mindestens halb-aktive Investmentansätze. Damit sind diese ETFs eine Mischform aus klassischen ETFs und aktiven Fonds, da jemand aktiv das Reglement für einen Faktor festlegt. Dabei versprechen die Emittenten, dass sich die ETFs starr an den festgelegten Regeln halten, und dass die Kosten gering bleiben werden. Ob das in allen Fällen so sein wird, muss man beobachten. Die Transparenz ist in jedem Fall im Vergleich zu klassischen ETFs eingeschränkt, da der Investmentansatz komplexer ist als bei einem klassischen ETF. Vor einem Investment müsste man sich detailliert über die konkrete Zusammensetzung sowie das gültige Reglements des Smart Beta ETFs informieren.

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Fazit

ETFs, sowohl klassische als auch smarte, sind für aktive Investoren in gewissen Fällen (nach detailliertem Research*) ein hervorragendes Anlageinstrument, insbesondere im taktischen Bereich. Aus diesem Grund nutzen wir klassische ETFs gerne und oft. Aktive Investments mit entsprechender Einzeltitelauswahl werden sie allerdings nicht ersetzen können. Hier wird nämlich eine ganze Anzahl von Bewertungsfaktoren vollständig betrachtet und Titel im Rahmen der Portfoliozusammensetzung bewusst gekauft und gewichtet. Fundamentaldaten der Branchen und Unternehmen spielen die entscheidende Rolle, diese werden bei ETFs nahezu völlig außer Acht gelassen. Kapital wird so nicht effizient genutzt, sondern je nach ETF-Zusammensetzung einfach nur aufgeteilt. Man kann sagen: Leistung wird nicht belohnt.

Auch bei einer zentrale Argumentationskette beißt sich der ETF-Hund in den Schwanz: Ein Grundgedanke für ETFs ist, dass Märkte vollkommen effizient sind. Daher mache aktives Investieren keinen Sinn und müsse passivem Investieren unterlegen sein. Wie effizient aber können Märkte sein, in denen immer mehr Markteilnehmer mechanisch und passiv investieren, ohne sich im Geringsten mit den erworbenen Werten auseinanderzusetzen? Auch dürften Smart-Beta-Strategien in effizienten Märkten keinen Mehrwert bieten. („The Silent Road to Serfdom: Why Passive Investing is Worse Than Marxism”)

Für passive Investoren ohne entsprechende Marktmeinung und entsprechenden Investmentresearch bergen ETFs einige Risiken. Smarte ETFs können auf der einen Seite Nachteile aufheben: Sie sind nicht kapitalgewichtet zusammengesetzt und erzwingen eine aktivere Entscheidung. Auf der anderen Seite können sie die Vorteile von klassischen ETFs, wie Transparenz, Kosteneffizienz und eine klare, starre automatisch Umsetzung nicht mehr im gewohnten Umfang bieten, und dass, ohne die Vorteile einer aktiven Titelauswahl zu gewähren. Wie smart das ist, wird sich zeigen. Sicherlich sind die Worte „smart“ und „ETF“ sehr gut für die riesigen und hocheffizienten Marketing-Maschinerien der großen ETF-Anbieter gewählt. Man könnte fast den Eindruck erhalten, dass die Marketingabteilungen diese Produkte kreiert haben und nicht die Anlageprofis.

Darüber hinaus gilt: Die Anbieter zeigen beim Verlauf eine modellierte Vergangenheitsperformance an. Je mehr in eine in der Vergangenheit erfolgreiche regelbasierte Anlagestrategie investiert wird desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich diese auch in Zukunft besser entwickeln.


„Nichts ist so stark wie eine Idee deren Zeit gekommen ist.“
Victor Hugo

„Ein Perpetuum mobile (lat. ‚sich ständig Bewegendes‘, Mehrzahl Perpetua mobilia) ist ein hypothetisches Gerät, das – einmal in Gang gesetzt – ohne weitere Energiezufuhr ewig in Bewegung bleibt […]“
Wikipedia-Definition eines Perpetuum mobile


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Autor: D. Bühl – Investment Team


* Dies bedingt auch eine periodische Überprüfung, ob sich an diesen ETFs etwas verändert hat (Systematik/Wertpapierleihen/Kosten/Abbildung u.a.). Dazu führen wir ein halbjährliches Update im Rahmen einer Due Diligence durch und fragen verschiedene Daten bei den Anbietern ab.


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